Als Ökosystem bezeichnet man ein höchst komplexes Geflecht- und Beziehungsgefüge von Lebewesen. Unser gesamtes Ökosystem möchte ich daher mit einem mächtigen Zahnradgetriebe vergleichen, in dem jedes Lebewesen, ob groß oder klein, Karnivore (Fleischfresser) oder Herbivore (Pflanzenfresser), Amphibie oder Säugetier wichtig für das Funktionieren sind. Alle sind wir vom großen Ganzen abhängig und selbst ein Teil des Ganzen, als kleines Zahnrad davon. Abhängig von allen anderen, auch wenn es uns nicht bewusst ist. Es lebt also von seiner unglaublich hohen, sogenannten Biodiversität. Darunter verstehen wir die biologische Artenvielfalt. Und der Wolf ist ein wichtiger Bestandteil dieser Biodiversität und trägt dort, wo er lebt, zu einem hohen Grad dazu bei, dass diese zunimmt. Ein bekanntes russisches Sprichwort sagt: „Wo der Wolf lebt, ist der Wald gesund!“ Mit dem Erscheinen des Wolfes in einem Ökosystem wird sich dies auch positiv auf die dort lebenden Wildtierbestände pflanzenfressender Natur auswirken. Der Wolf wird und das ist erwiesen als natürlicher Regulator des Wildbestandes für einen wesentlich aktiveren und somit gesünderen Bestand an Reh, Hirsch, Wildschwein etc. sorgen. Alte, schwache und kranke Tiere bilden sind vornehmlich seine Nahrung. Das Wild bewegt sich mehr und frisst nicht immer an den gleichen Plätzen, was sich natürlich auch auf die Flora äußerst positiv auswirken und von jedem Förster begrüßt werden dürfte. Es werden weniger Jungtriebe von Bäumen gefressen und damit weniger nachwachsende Pflanzen zerstört. Die oft massiv durch den sogenannten Verbiss auftretenden Wildschäden gehen somit deutlich zurück. Die Pflanzen haben mehr Zeit, sich zu erholen und nachzuwachsen. Lebensräume für andere Mitbewohner bleiben somit erhalten, werden neu (wieder-) erschaffen und die biologische Artenvielfalt wird gefestigt und oder gesteigert. Niemals wird ein Beutegreifer wie der Wolf seinen Lebensraum „leerfressen“. Denn von vorhandener Nahrung hängt sein eigenes Leben ab. In Zeiten der Nahrungsknappheit reduziert er seine Reproduktionsrate oder stellt sie sogar komplett ein, sodass es vorkommen kann, dass in einem Jahrgang keine Welpen das Rudel verstärken werden. Da der Wolf nicht alles von seiner Beute frisst und Reste verbleiben, dienen diese wieder als Nahrungsgrundlage für andere Tiere (sogenannte Nachnutzer - wie z. B. der Fuchs etc.), die wiederum Nahrungsgrundlage anderer sind etc.. Es profitieren also viele Lebewesen davon, wenn der Wolf Beute gemacht hat. Aber nicht nur Tiere profitieren, sondern auch Pflanzen. In Kanada z. B. fressen sich viele Wölfe, wenn die Zeit der Lachswanderung gekommen ist, an den sich den Strom hinauf kämpfenden Fischen satt. Sie fangen die Schuppenträger und verschleppen sie mit in den Wald hinein. Da sie in der Regel aber nur den Kopf bzw. das Hirn fressen, verbleibt der restliche Kadaver auf dem Waldboden und wird dort entweder von Aasfressern „entsorgt“ oder aber zersetzt sich durch Bakterien, Pilze und Würmer zu Nährstoffen für die Vegetation. Oft findet sich ein hunderte Meter breiter wachstumsstarker Streifen entlang eines Flusses, wo die Vegetation besonders gut gedeiht. Und dies eben, weil er mit dem für sein Wachstum dringend benötigten Stickstoff durch die sich zersetzenden Beutereste der Wölfe versorgt wird. Wie massiv negativ sich das Fehlen eines Prädators auswirken kann, zeigte das Beispiel des Yellowstone Parks: In den USA wurden die Wölfe nahezu vollständig durch Abschuss, Fallen, Gift oder andere Grausamkeiten ausgerottet. Sogar den ersten Nationalpark der USA überhaupt, dem Yellowstone Park, der am 01. März 1872 gegründet wurde, erklärte man in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts für „Wolfsfrei“. Die Ausrottung in den 1920er Jahre hatte dann eine gut siebzigjährige Abwesenheit des Prädators zur Folge. Dadurch konnten sich Pflanzenfresser wie Bison, Wapiti, Hirsch, Elch etc. quasi fast ungehindert vermehren, ausbreiten und durch die Vegetation des Parks hindurchfressen. Kojoten, die zwar auch gejagt, aber nie ganz ausgerottet wurden, konnten die Pflanzenfresser nicht in Schach halten, da sie für viele potenzielle Beutetiere einfach zu klein sind. Selbst ein ausgewachsenes Reh ist vielfach für einen Kojoten schon als Beute zu groß. Der Gesamtschaden war dementsprechend immens. Viele Pflanzen verschwanden und damit auch Lebensräume im Park, mit samt ihren Bewohnern. Die Biodiversität sank! Erst mit der bewussten Wiederansiedlung von kanadischen Wölfen im Yellowstone im Jahr 1995, also über 70 Jahre nach Abschuss des letzten Wolfes vor Ort, hielt nach und nach die Vielfalt des Lebens wieder Einzug an diesem wundervollen Ort. Die Schäden, die durch die lange Abwesenheit des Prädators Wolf entstanden waren, begannen zu schwinden. In Yellowstone waren die Wölfe im Laufe der Zeit sehr erfolgreich in der Dezimierung der während ihrer langen Abwesenheit überbordenden Pflanzenfresserpopulation. Zugleich, gerade wegen der erneuten Anwesenheit des Prädators und der damit einhergehenden Gefahr für sie gefressen zu werden, begannen die Pflanzenfresser sich zusätzlich wieder vermehrt zu bewegen. Sie änderten ihr Verhalten radikal, denn sie konnten sich nicht mehr ungestört an vielen Stellen im Park längerfristig wie bisher aufhalten, um zu äsen, da sie dann dort zur leichten Beute für die Wölfe werden konnten. Somit begann die Vegetation zu erstarken und sich zu regenerieren. Vorher zerstörte Lebensräume, ihre Nischen samt Bewohnern, kehrten zurück. Büsche und Bäume wuchsen ungestört und verbreiteten sich, Vogelarten wanderten ein. Biber kehrten beispielsweise in die Flüsse zurück, da sie wieder Baumaterial fanden. Ihre Dämme bereiteten den Weg für Otter, Wasserratten etc.. Insektenarten vermehrten sich. Durch die Ausbreitung von Buschwerk und Bäumen stabilisierten sich die Ufer der Flüsse. Weniger Erosion fand statt. Die Flüsse wurden auf natürliche Weise in ihr Bett gedrängt. Fische und Amphibien kehrten zurück. Das Leben erwachte dank der Ankunft der Wölfe neu im Yellowstone. Ein sogenannter trophisch kaskadierender Effekt“ stellte sich im Nationalpark ein. Unter einer „trophischen Kaskade“ versteht man Veränderungen in einem Ökosystem. Veränderungen die entstehen über die Nahrungskette durch den Einfluss von Beutegreifern und anderen Fressfeinden auf die Population der Pflanzenfresser. Ein solcher Effekt funktioniert auf 3 Ebenen: EBENE 1 - Beutegreifer (Wolf) EBENE 2 - Pflanzenfresser (Wapiti, Hirsch, Reh…) EBENE 3 - Pflanzen (Einfluss durch OBEN und MITTE) Die Pflanzen nehmen wieder zu. Verdrängte Arten kehren zurück, Neue Arten tauchen auf der Bildfläche auf. ODER Die Anwesenheit von Spitzenprädatoren wirkt sich ebenfalls trophisch kaskadierend auf Mesoprädatoren und deren Beutearten aus. Das wäre z. B. der Einfluss des Wolfes (Spitzenprädator) auf z. B. den Kojoten (Mesoprädator) und nach sich ziehend auf Füchse, Hasen, Mäuse als Beute des Kojoten. [Mesoprädatoren sind auch Prädatoren, aber mittleren Ranges in einer Nahrungskette - die kleinere Tiere jagen - selbst aber auch zum Beutespektrum des Spitzenprädators zählen.] EBENE 1 - Beutegreifer (Wolf - Spitzenprädator) EBENE 2 - Beutegreifer (z. B. Kojote - Mesoprädator) EBENE 3 - Füchse, Marder, Hasen, Mäuse Die erneute Anwesenheit der Wölfe, setzte die uralten, perfekt aufeinander abgestimmt funktionierenden Regulative wieder in Kraft!
Der Wolf im Ökosystem
BEISPIEL  -  „YELLOWSTONE“
Ein „trophisch kaskadierender Effekt“ setzt ein!
Artenschutz - Wolf